Der bayerische Entwurf eines Psychovertragsgesetzes
2003
Der Gesetzentwurf soll den Inhalt der Verträge zur
Lebenshilfe regeln als ein Verbraucherschutzgesetz.
Er wurde am 22.09.03 in den Bundesrat eingebracht: ( ... und
abgelehnt....)
Der Bayerische Ministerpräsident
München, den 22. September 2003
An den
Präsidenten des Bundesrates
Herrn Ministerpräsidenten
Prof. Dr. Wolfgang Böhmer
Sehr geehrter Herr Präsident!
Gemäß dem Beschluss der Bayerischen Staatsregierung übermittle
ich den in der Anlage mit Vorblatt und Begründung beigefügten Entwurf
eines Gesetzes über Verträge auf dem Gebiet der gewerblichen Lebensbewältigungshilfe
und der Persönlichkeitsentwicklung mit dem Antrag, dass der Bundesrat diesen
gemäß Art. 76 Abs. 1 GG im Bundestag einbringen möge.
Ich bitte, den Gesetzentwurf den Ausschüssen zuzuweisen.
Mit freundlichen Grüßen
Edmund Stoiber
Jetzt wird der Entwurf in den Ausschüssen des Bundesrates behandelt.
Gesetzesantrag des Freistaates Bayern
Entwurf eines Gesetzes über Verträge auf dem Gebiet
der gewerblichen Lebensbewältigungshilfe und der Persönlichkeitsentwicklung
A. Zielsetzung
Die Enquete-Kommission sog. Sekten- und Psychogruppen hat in ihrem 1998 veröffentlichten
Endbericht festgestellt, dass in den letzten 20 Jahren in Deutschland ein vollkommen
unübersichtlicher „Psychomarkt" entstanden sei, auf dem die
unterschiedlichsten Dienstleistungen (Angebote für Heilung bei psychischen
oder psychosomatischen Störungen, Bewältigung von Lebenskrisen, Veränderung
der Lebenssituation, Verbesserung der geistig-seelischen Fähigkeiten, Steigerung
der Durchsetzungsfähigkeit oder Konfliktbewältigung und Selbstbehauptung,
Persönlichkeitstrainings der betrieblichen Personalentwicklungsarbeit)
angeboten würden. Die Enquete-Kommission hat die Dienstleistungen unter
dem Begriff „Lebensbewältigungshilfe" zusammengefasst.
Weiter hat die Enquete-Kommission festgestellt, dass auf diesem Markt ca. 1.000
Methoden, Techniken und Verfahren angewandt werden. Der Markt sei für die
Kunden völlig intransparent. Sie liefen Gefahr, übervorteilt zu werden
und könnten auch gesundheitliche Schäden erleiden. Die Wirkungen der
angewandten Verfahren seien überwiegend unerforscht (vgl. Endbericht 5.5.5.3,
Seite 368 ff.).
Neuere humanwissenschaftliche Untersuchungen haben bestätigt, dass Verbraucher
durch die Anwendung unkonventioneller Psycho- und Sozialtechniken, mit denen
Erleben (Bewusstsein, Geist und Psyche), Verhalten und Persönlichkeit verändert
werden, derart in Abhängigkeit vom Dienstleister geraten können, dass
die konkrete Gefahr finanzieller Ausbeutung und gesundheitlicher Schädigung
besteht. Es wurde über die Ergebnisse der Enquete-Kornmission hinaus festgestellt,
dass zur finanziellen Ausbeutung der Verbraucher auch Sozialtechniken benutzt
werden, die die Menschenwürde verletzen und daher sittenwidrig sind. Diese
Techniken werden als therapeutische Maßnahmen getarnt.
Entsprechend der Empfehlung der Enquete-Kommission ist es daher erforderlich,
zum Schutz der Verbraucher die Dienstleister gesetzlich zu verpflichten, vor
Vertragsabschluss konkrete Auskünfte über ihre Qualifikation, die
angewandten Methoden, die Dauer der Kurse und die finanziellen Verpflichtungen
zu geben. Ferner ist es zum Schutz der Verbraucher geboten, die Möglichkeit
einer vorzeitigen Beendigung des Vertrages zu regeln. Das Gesetz wird, abgesehen
vom Schutz des einzelnen Kunden, eine sozial verträgliche Selbstorganisation
des Lebensbewältigungshilfe- und Persönlichkeitsentwicklungsmarktes
ohne staatliche Intervention in der Form einer Marktpolizei in Gang setzen,
da das Marktgeschehen voraussichtlich insgesamt transparenter wird. Dies wird
auf die Dauer voraussichtlich einen Rückgang der unseriösen Anbieter
auf diesem Markt bewirken.
B. Lösung
Verabschiedung eines Gesetzes über Verträge auf dem Gebiet der gewerblichen
Lebensbewältigungshilfe und Persönlichkeitsentwicklung, das Informationspflichten
für die Anbieter schafft und eine schriftliche Fixierung des Vertragsinhalts
verlangt. Den Verbrauchern wird ein Widerrufsrecht mit einer Frist von zwei
Wochen sowie ein zwingendes Kündigungsrecht eingeräumt. Anzahlungen
und die Aufrechnung sollen bei Verträgen auf dem Gebiet der Lebensbewältigungshilfe
und der Persönlichkeitsentwicklung zum Schutz der Verbraucher nur eingeschränkt
zulässig sein. Die Anbieter müssen die persönlichen Daten des
Verbrauchers vertraulich behandeln. Das Gesetz soll, mit Ausnahme des Widerrufsrechts,
weitgehend entsprechend gelten, wenn der Vertrag über die Lebensbewältigungshilfe
oder Persönlichkeitsentwicklung mit einem anderen Unternehmer abgeschlossen
wird. Die klagebefugten Einrichtungen nach dem Unterlassungsklagengesetz sollen
Verstöße gegen das Gesetz mit der Unterlassungsklage nach dem Unterlassungsklagengesetz
zum Schutz der Interessen der Verbraucher verfolgen können.
C. Alternativen
Keine
D. Kosten der öffentlichen Haushalte
1. Haushaltsausgaben ohne Vollzugsaufwand
keine
2. Vollzugsaufwand
keine
E. Sonstige Kosten (z. B. Kosten für die Wirtschaft, Kosten für soziale
Sicherungssysteme)
Kosten für Anbieter hinsichtlich der Werbung und des Vertragsschlusses,
die jedoch keine quantifizierbaren Auswirkungen auf den Preis der angebotenen
Leistung erwarten lassen.
Gesetzestext
Entwurf eines Gesetzes über Verträge auf dem Gebiet der gewerblichen
Lebensbewältigungshilfe und der Persönlichkeitsentwicklung
Der Bundestag hat das folgende Gesetz beschlossen:
Artikel 1
Gesetz über Verträge auf dem Gebiet der gewerblichen Lebensbewältigungs-hilfe
und der Persönlichkeitsentwicklung (Lebensbewältigungshilfegesetz
- LeBeG)
§ 1 Anwendungsbereich
(1) Die Vorschriften dieses Gesetzes gelten für entgeltliche Verträge
über die Leis-tung von Lebensbewältigungshilfe oder über Persönlichkeitsentwicklung
zwischen einem Unternehmer (§ 14 Abs. 1 des Bürgerlichen Gesetzbuchs)
und einem Verbraucher (§ 13 des Bürgerlichen Gesetzbuchs).
Dieses Gesetz gilt nicht, soweit die Lebensbewältigungshilfe oder Persönlichkeitsentwicklung
durch Angehörige des ärztlichen Berufs, des Berufs des Psychotherapeuten
oder des Heilpraktikerbe-rufs in Ausübung der Heilkunde geleistet wird.
(2) Lebensbewältigungshilfe im Sinne dieses Gesetzes ist eine Dienstleistung,
die gegenüber einer anderen Personen erbracht wird mit dem ausschließlichen
oder überwiegenden Ziel der Feststellung oder Verbesserung der seelischen
Befindlich-keit oder der geistig-seelischen Fähigkeiten oder des Verhaltens.
Persönlichkeits-entwicklung ist eine Dienstleistung, deren ausschließliches
oder überwiegendes Ziel die Feststellung oder Verbesserung der Persönlichkeitseigenschaften,
insbe-sondere des Sozialverhaltens einer Person ist.
§ 2 Form und Inhalt des Vertrages
(1) Verträge nach § 1 bedürfen der Schriftform.
(2) Die Vertragsurkunde muss Angaben enthalten
1. über die genaue Bezeichnung und zustellungsfähige Anschrift des
Unternehmers, bei juristischen Personen und rechtfähigen Personengesellschaften
auch über die Person des gesetzlichen Vertreters,
2. zur genauen Beschreibung der Leistung und des angestrebten Ziels einschließlich
einer kurzen Beschreibung der angewandten Methode, der vertretenen ethischen
Werte und der theoretischen Grundlagen,
3. über die berufliche Qualifikation der Personen, die die Dienstleistung
erbringen,
4. über Art sowie die voraussichtliche Anzahl und Dauer der Veranstaltungen,
5. darüber, ob die Veranstaltungen in Gruppen oder einzeln durchgeführt
werden sollen,
6. über den Gesamtpreis sowie den Einzelpreis je Veranstaltung,
7. darüber, ob Begleitmaterial erworben werden muss, und welche Kosten
hier-durch entstehen,
8. darüber, ob der Vertragsgegenstand Teil eines Gesamtkonzepts ist, und
über den Preis der hierzu gehörenden Leistungen,
9. darüber, welche Risiken und Nebenwirkungen die angewandten Methoden
ha-ben und welcher Personenkreis hierdurch gefährdet sein könnte.
(3) Der Unternehmer hat dem Verbraucher eine deutlich lesbare Abschrift der
Ver-tragsurkunde zu überlassen. Ist Lebensbewältigungshilfe oder Persönlichkeitsent-wicklung
an eine dritte Person zu leisten, so hat der Unternehmer die in Abs. 2 Nr. 1
bis 5 und Nr. 9 aufgeführten Angaben sowie Angaben darüber, ob der
Vertrags-gegenstand Teil eines Gesamtkonzeptes ist, dem Dritten auf dessen Verlangen
in Textform mitzuteilen.
§ 3 Widerrufsrecht
(1) Dem Verbraucher steht bei einem Vertrag nach § 1 ein Widerrufsrecht
nach § 355 des Bürgerlichen Gesetzbuchs zu. Für finanzierte Verträge
über Lebensbewältigungshilfe oder Persönlichkeitsentwicklung
gilt § 358 des Bürgerlichen Ge-setzbuchs entsprechend.
(2) Abweichend vom § 346 Abs. 1 und 2 in Verbindung mit § 357 Abs.
1 des Bür-gerlichen Gesetzbuchs ist der Wert der Überlassung des Gebrauchs
oder der Be-nutzung von Sachen oder der Erteilung der Lebensbewältigungshilfe
oder Persön-lichkeitsentwicklung bis zur Ausübung des Widerrufsrechts
nicht zu vergüten. Dies gilt entsprechend, wenn der Vertrag nichtig ist;
eine geleistete Vergütung ist zu-rückzuzahlen.
§ 4 Anzahlung
Vereinbarungen über die Leistung einer Anzahlung sind unwirksam, wenn diese
die Höhe des auf einen Monat entfallenden Anteils der Vergütung übersteigt.
§ 5 Kündigung
(1) Der Verbraucher kann den Vertrag in Abweichung von § 620 des Bürgerlichen
Gesetzbuchs ohne Angabe von Gründen mit einer Frist von einem Monat kündigen.
Das Recht beider Vertragsparteien zur Kündigung gemäß den §§
621, 626 und § 627 des Bürgerlichen Gesetzbuchs bleibt unberührt.
(2) Im Fall der Kündigung schuldet der Verbraucher nur den Teil der Vergütung,
der den bis zum Wirksamwerden der Kündigung erbrachten Leistungen bei gleichmäßiger
Verteilung auf die Einzelleistungen entspricht. Eine zuviel geleistete Vergütung
ist zurückzuzahlen.
§ 6 Datenschutz und Auskunftsanspruch
(1) Der Unternehmer darf personenbezogene Daten des Verbrauchers und der Personen,
denen die Lebensbewältigungshilfe oder Persönlichkeitsentwicklung
nach § 2 Abs. 3 Satz 2 geleistet wird, die er anlässlich der Anbahnung
oder der Durchführung eines Vertrages nach § 1 erhält, nur erheben,
verarbeiten und nutzen, soweit dies zur Erfüllung des Vertrages erforderlich
ist. Die Daten dürfen nur durch die Personen erhoben, verarbeitet und genutzt
werden, die für den Unternehmer mit der Erbringung der Dienstleistung nach
§ 1 Abs. 2 befasst sind. Eine Übermittlung an Dritte ist unzulässig.
(2) Der Unternehmer stellt sicher, dass die Personen, die für ihn mit der
Erbringung der Dienstleistung nach § 1 Abs. 2 befasst sind, die in Absatz
1 genannten Daten nicht an Personen, die nicht für den Unternehmer mit
der Erbringung der Dienstleis-tung nach § 1 Abs. 2 befasst sind, weitergeben,
insbesondere nicht an Dritte übermitteln.
(3) Der Verbraucher kann vom Unternehmer jederzeit verlangen, ihm über
die zu seiner Person erhobenen oder gespeicherten Daten in Textform Auskunft
zu geben sowie ihm die Namen und zustellungsfähigen Anschriften der Personen
in Textform zu nennen, denen der Unternehmer Daten nach Absatz 1 zugänglich
gemacht hat.
(4) Nach Beendigung des Vertrages muss der Unternehmer auf Verlangen des Verbrauchers
alle Daten nach Absatz 1 löschen oder vernichten.
(5) Aufbewahrungs- und Auskunftspflichten des Unternehmers aufgrund anderer
gesetzlicher Vorschriften bleiben unberührt.
§ 7 Verbot der Aufrechnung
Die Aufrechnung des Unternehmers mit seiner Forderung auf Zahlung des Entgelts
aus einem Vertrag gemäß § 1 gegen die Forderung einer für
ihn tätigen Person auf Zahlung der Vergütung für ihre Tätigkeit
ist unwirksam.
§ 8 Ausschluss abweichender Vereinbarungen / Umgehungsverbot
(1) Von den §§ 2 bis 7, 9 und 10 kann nicht zum Nachteil des Verbrauchers
abgewichen werden.
(2) Dieses Gesetz ist auch dann anzuwenden, wenn seine Vorschriften durch an-derweitige
Gestaltungen umgangen werden.
§ 9 Anwendung anderer Gesetze
(1) Besteht ein Widerrufsrecht gemäß § 3, ist das Widerrufsrecht
nach § 312 und § 312 d des BürgerlichenGesetzbuchs sowie nach
§ 4 des Fernunterrichtsschutz-gesetzes ausgeschlossen. Bei Fernabsatzverträgen
findet § 312 d Abs. 2 des Bürgerlichen Gesetzbuchs entsprechende Anwendung.
Bei Fernunterrichtsverträgen findet § 4 Abs. 1 Satz 2 Fernunterrichtsschutzgesetz
entsprechende Anwendung.
(2) Die Vorschriften der §§ 499 bis 504 des Bürgerlichen Gesetzbuchs
bleiben mit der Maßgabe unberührt, dass an die Stelle des Widerrufsrecht
nach § 495 des Bürgerlichen Gesetzbuchs das Widerrufsrecht nach §
3 Abs. 1 dieses Gesetzes tritt. Wird die Lebensbewältigungshilfe oder Persönlichkeitsentwicklung
gegen Teil-zahlungen im Sinne von § 499 Abs. 2 des Bürgerlichen Gesetzbuchs
erbracht, so beginnt der Lauf der Frist nach § 3 Abs. 1 dieses Gesetzes
erst, wenn dem Verbraucher eine Abschrift der Vertragsurkunde ausgehändigt
wird, die auch die in § 502 Abs. 1 Satz 1 des Bürgerlichen Gesetzbuchs
genannten Angaben enthält.
§ 10 Gerichtsstand
(1) Für Klagen aus Verträgen im Sinne von § 1 ist das Gericht
zuständig, in dessen Bezirk der Verbraucher zur Zeit der Klageerhebung
seinen Wohnsitz, in Ermange-lung eines solchen seinen gewöhnlichen Aufenthalt
hat. Für Klagen gegen den Verbraucher ist dieses Gericht ausschließlich
zuständig.
(2) § 33 Abs. 2 der Zivilprozessordnung findet auf Widerklagen der anderen
Ver-tragspartei keine Anwendung.
(3) Eine von Absatz 1 abweichende Vereinbarung ist zulässig für den
Fall, dass der Verbraucher nach Vertragsschluss seinen Wohnsitz oder gewöhnlichen
Aufenthalt aus dem Geltungsbereich dieses Gesetzes verlegt oder sein Wohnsitz
oder ge-wöhnlicher Aufenthalt im Zeitpunkt der Klageerhebung nicht bekannt
ist.
§ 11 Entsprechende Anwendung
(1) Wird der Vertrag über Lebensbewältigungshilfe oder Persönlichkeitsentwicklung
mit einem anderen Unternehmer zum Zweck der Gewährung der Dienstleistung
nach § 1 an dessen Arbeitnehmer oder sonstige Mitarbeiter geschlossen,
so sind §§ 2, 3 Abs. 2 Satz 2, §§ 4 bis 8 entsprechend anzuwenden.
(2) Im Fall des Absatz 1 ist für Klagen aus Verträgen im Sinne von
§ 1 auch das Gericht zuständig, in dessen Bezirk der andere Unternehmer
zur Zeit der Klageer-hebung seinen Sitz oder seine gewerbliche Niederlassung
oder seinen Wohnsitz, in Ermangelung eines solchen seinen gewöhnlichen
Aufenthaltsort hat.
§ 12 Übergangsvorschrift
Dieses Gesetz gilt nicht für Verträge, die vor seinem In-Kraft-Treten
geschlossen worden sind.
Artikel 2
Änderung des Unterlassungsklagengesetzes
Das Gesetz über Unterlassungsklagen bei Verbraucherrechts- und anderen
Verstößen (Unterlassungsklagengesetz - UKlaG) vom 26. November 2001
(BGBl I S. 3138, 3173), zuletzt geändert ... wird wie folgt geändert:
In § 2 Absatz 2 Nr. 3 werden nach dem Wort "Fernunterrichtsschutzgesetz"
die Wörter "und das Lebensbewältigungshilfegesetz mit Ausnahme
des § 11" einge-fügt.
Artikel 3 In-Kraft-Treten
Dieses Gesetz tritt am ersten Tag des Vierten auf die Verkündung folgenden
Ka-lendermonats in Kraft.
Begründung des Gesetzes
A. Allgemeines
I.
Der Gesetzentwurf soll zum Verbraucherschutz im Bereich der gewerblich angebotenen
Lebensbewältigungshilfe beitragen. Im Hinblick darauf, dass sich die von
der En-quete-Kommission vorgeschlagene Bezeichnung Lebensbewältigungshilfe
im Verkehr nicht durchgesetzt hat, ist es zweckmäßig zur Kennzeichnung
des Marktes auch auf die Bezeichnung Persönlichkeitsentwicklung, die von
den Anbietern hauptsächlich ver-wendet wird, zurückzugreifen. Dieser
Lebensbewältigungshilfe- und Persönlichkeits-entwicklungsmarkt hat
in den vergangenen Jahren stark an Bedeutung zugenommen. Er ist dadurch gekennzeichnet,
dass sachlich rationale und wirtschaftliche Erwägungen des Verbrauchers
beim Vertragsschluss als Schutzmechanismen vor unangemesse-nen Vertragsbedingungen
oft im Hintergrund stehen, weil sich das Angebot für den Verbraucher als
Mittel zur Bewältigung seiner Probleme darstellt. In dieser besonderen
Nachfragesituation ist typischerweise die Kritikbereitschaft und -fähigkeit
einge-schränkt. Unter der Vielzahl von Angeboten, die auf diesen Markt
drängen, sind auch solche, deren Dienstleistungen und Aktivitäten
erheblichen Anstoß erregen. Ihnen wird vorgeworfen, durch Einsatz bewusstseinsverändernder
Psycho- und/oder Sozialtechniken die Verbraucher abhängig zu machen und
sie wirtschaftlich auszubeuten. Eine wissenschaftliche Untersuchung hat nunmehr
erneut ergeben, dass Anbieter mit Re-geln und Sanktionen die Autonomie der Teilnehmer
solcher Programme einschränken, ohne dass die Verbraucher dies durchschauen
können (Expertise: Auswirkungen und Risiken unkonventioneller Psycho- und
Sozialtechniken, erstellt von H. Küfner, N. Nedopil, H. Schöch, 2002,
im Folgenden: Gutachten, Kurzfassung S. 24 f.). Dies macht es erforderlich,
durch besondere Regelungen dem Verbraucher die Bedingungen des abzuschließenden
Vertrages vor Augen zu führen und transparent zu machen und ihn vor voreiligen
Vertragsabschlüssen zu schützen.
Dieses soll insbesondere durch folgende Instrumente erreicht werden:
Schriftform des Vertrages,
* Aushändigung einer detaillierten Leistungsbeschreibung,
* Widerrufsrecht innerhalb von zwei Wochen nach Vertragsschluss und ein
* unabdingbares Kündigungsrecht für den Verbraucher.
- 2 -
Daneben sieht der Entwurf vertragliche Verschwiegenheitspflichten des Unternehmers
vor, der Lebensbewältigungshilfe oder Persönlichkeitsentwicklung anbietet
und erbringt. Da es sich bei den in diesem Gesetz geregelten Fällen nicht
um die Erbringung einer ärztlichen Leistung oder um die Ausübung eines
anderen Heilberufs handelt, kommen die besonderen berufsrechtlichen und strafrechtlichen
Schweigepflichten (§ 203 Abs. 1 Nr. 1 des Strafgesetzbuchs) nicht zur Anwendung.
Andererseits erfährt der Unternehmer anlässlich der Erbringung von
Lebensbewältigungshilfe oder Persön-lichkeitsentwicklung persönliche
Geheimnisse und andere schutzwürdige Belange des Verbrauchers. Der Verbraucher
erwartet, dass seine anvertrauten Daten vom Unternehmer vertraulich behandelt
werden. Eine solche zivilrechtliche Schweigepflicht soll daher in § 6 des
Gesetzes eingeführt werden. Ergänzend sieht der Entwurf einen Auskunftsanspruch
des Verbrauchers über den Verbleib seiner Daten vor.
Vom Anwendungsbereich des Gesetzes auszunehmen ist Lebensbewältigungshilfe
und Persönlichkeitsentwicklung, die in Ausübung der Heilkunde durch
Angehörige des ärztlichen Berufes, des Berufs des Psychotherapeuten
und des Heilpraktikerberufes geleistet wird, sowie die nichtgewerbliche Lebensbewältigungshilfe
und Persönlichkeitsentwicklung, wie sie durch gemeinnützige Organisationen
und insbesondere die Amtskirchen ausgeübt wird. Für diesen Bereich
kann davon ausgegangen werden, dass eine Ausnutzung der besonderen Situation
der hilfesuchenden Person nicht erfolgt.
Um den Anwendungsbereich des Gesetzes angemessen zu begrenzen, wird vorgesehen,
dass nur Dienstleistungen unter das Gesetz fallen, die ausschließlich
oder überwiegend Zwecke der Lebensbewältigungshilfe oder Persönlichkeitsentwicklung
verfolgen. Damit wird sichergestellt, dass keine Verträge erfasst werden,
die solche Zwecke lediglich mitverfolgen oder bei denen ein entsprechendes Interesse
als Nebenzweck nicht auszuschließen ist.
Der Entwurf sieht davon ab, zum Schutz der Verbraucher besondere Regelungen
im Hinblick auf eingetretene Gesundheitsschädigungen einzuführen,
bei denen eine Ver-ursachung durch die Lebensbewältigungshilfe oder die
Persönlichkeitsentwicklung in Betracht kommt. Eine Abweichung von der grundsätzlichen
Beweislastverteilung könnte es Betroffenen zwar erleichtern, Gesundheitsschäden
auf die Lebensbewältigungs-
- 3 -
hilfe oder Persönlichkeitsentwicklung zurückzuführen und damit
zu einem Schadenser-satzanspruch zu gelangen. Eine gesetzliche Beweiserleichterung
wäre jedoch nur vertretbar, wenn die Zusammenhänge zwischen Behandlungsmethoden
und eingetretenen Gesundheitsschäden, insbesondere psychischen Schäden,
wissenschaftlich hinreichend geklärt und klärbar wären. Angesichts
der Vielfalt der angewendeten Metho-den und der unterschiedlichen Auswirkungen
der Methoden auf die Behandelten, die je nach Persönlichkeitstyp verschieden
sein können, gibt es keine allgemein gesicherten wissenschaftlichen Erfahrungssätze,
auf die sich eine Beweislastumkehr stützen ließe (vgl. auch Gutachten
S. 457 f.).
Der Entwurf geht davon aus, dass für Schadensersatzansprüche das vorhandene
In-strumentarium an Beweislastnormen ausreicht und dass insoweit im Hinblick
auf die Lebensbewältigungshilfe und Persönlichkeitsentwicklung die
Grundsätze der Beweis-last in der Arzthaftung entsprechend herangezogenwerden
können. Insbesondere muss sich der Unternehmer hinsichtlich des Verschuldens
nach § 280 Abs. 1 Satz 2 Bürgerliches Gesetzbuch, etwa bei Verstößen
gegen seine Aufklärungspflichten nach § 2 Abs. 2 dieses Gesetzes,
entlasten. Schließlich kann für die Feststellung der Höhe des
Schadens und des Kausalzusammenhangs zwischen dem anspruchsbegründen-den
Ereignis und dem nach § 280 Abs. 1 Bürgerliches Gesetzbuch zu ersetzenden
Schaden auch die Beweiserleichterung des § 287 der Zivilprozessordnung
Anwendung finden.
Hinzuweisen ist darauf, dass sich ein Schadensersatzanspruch insbesondere auch
aus einem Unterlassen des Unternehmers ergeben kann, dem Verbraucher ärztliche
Hilfe zukommen zu lassen (Gutachten, Kurzfassung, S. 26 f.).
II.
Für Bund, Länder und Gemeinden entstehen durch das Gesetz keine Kosten.
Für die-jenigen, welche gewerbliche Lebensbewältigungshilfe oder Persönlichkeitsentwicklung
anbieten, kann in der Phase der Werbung und des Vertragsabschlusses ein zusätzli-cher
Aufwand entstehen, von dem jedoch keine quantifizierbaren Auswirkungen auf den
Preis der angebotenen Leistung zu erwarten sind.
- 4 -
B. Zu den einzelnen Vorschriften
Zu Artikel 1
Zu § 1
§ 1 regelt den persönlichen und sachlichen Anwendungsbereich. Lebensbewältigungs-hilfe
und Persönlichkeitsentwicklung kann in den verschiedensten Arten praktischer
Ausgestaltung erfolgen, z.B. durch Gespräch, Unterricht, mentales und/oder
körperli-ches Training in sogenannten Selbsterfahrungsgruppen, Kursen,
Workshops oder im Selbststudium und Selbsttraining unter Verwendung schriftlicher
und/oder audiovisuel-ler Unterrichtsmittel und/oder interaktiver Maschinen und/oder
des Internets. Sie ist nicht auf die seelische Befindlichkeit beschränkt,
sondern kann sich auch auf den Be-reich geistig-seelischer Fähigkeiten
sowie des kommunikativen und interaktiven Sozial-verhaltens richten. Zur Gewährleistung
eines umfassenden Schutzes ist auch die Fest-stellung der seelischen Befindlichkeit
oder der geistig-seelischen Fähigkeiten eziehen; auf diese Weise ist es
Anbietern verwehrt, der Lebensbewältigungshilfe oder Persönlichkeitsentwicklung
eine Phase vorzuschalten, die nicht unter das Gesetz fällt.
Um den Anwendungsbereich angemessen zu begrenzen, wird vorgesehen, dass nur
Dienstleistungen unter das Gesetz fallen, die ausschließlich oder überwiegend
Zwecke der Lebensbewältigungshilfe oder Persönlichkeitsentwicklung
verfolgen. Damit wird sichergestellt, dass keine Verträge erfasst werden,
die solche Zwecke lediglich mitverfolgen oder bei denen ein entsprechendes Interesse
als Nebenzweck nicht auszuschließen ist.
Vom sachlichen Anwendungsbereich nicht ausgeschlossen ist die Behandlung psycho-somatischer
Erkrankungen, wenn sie nicht durch Ausübung der Heilkunde geschieht, da
durchaus auch bei solchen Hilfesuchenden die Erwartung der Besserung erweckt
werden kann und nicht gewährleistet ist, dass solche Personen durch diejenigen,
die gewerbliche Lebensbewältigungshilfe oder Persönlichkeitsentwicklung
anbieten, einer heilkundlichen Behandlung zugeführt werden. Unter diesen
Voraussetzungen bedürfen solche Personen des gleichen Schutzes wie alle
übrigen Hilfesuchenden. Die Abgren-zung zum Bereich medizinischer Behandlung
erfolgt durch Absatz 1, in dem Lebens-
- 5 -
bewältigungshilfe oder Persönlichkeitsentwicklung, die durch Angehörige
des Arzt- und Heilpraktikerberufs sowie des Berufs des Psychotherapeuten geleistet
wird, aus dem Kreis der von § 1 erfassten Tätigkeiten teilweise herausgenommen
wird. Damit fällt die Behandlung durch Ärzte, Psychologische Psychotherapeuten
oder Kinder- und Ju-gendpsychotherapeuten sowie zugelassene Heilpraktiker nicht
unter das Gesetz, so-fern die Lebensbewältigungshilfe oder Persönlichkeitsentwicklung
in Ausübung der Heilkunde erfolgt. Durch letztere Einschränkung sollen
solche Fälle innerhalb des An-wendungsbereichs des Gesetzes bleiben, in
welchen die Lebensbewältigungshilfe oder Persönlichkeitsentwicklung
nicht im Rahmen der heilkundlichen Berufsausübung er-folgt. Für die
Ausnahme kommt es nicht auf die Person des Unternehmers, sondern auf denjenigen
an, der die Lebensbewältigungshilfe oder Persönlichkeitsentwicklung
selbst vornimmt. Allerdings wird es ausreichen, dass die im Sinne des Arzt-,
Psychotherapeu-ten- oder Heilpraktikerberufs qualifizierte Person die verantwortliche
Aufsicht führt. Auf-grund des insoweit geltenden Zulassungssystems (Approbation
bzw. Zulassung als Heilpraktiker) und der Berufsethik ist in diesem Bereich
Seriosität dem Unternehmer zu unterstellen. Die Stoßrichtung des
Gesetzes zielt nicht auf diesen klassischen Bereich der Behandlung psychischer
Krankheiten ab, sondern auf das Angebot der Hilfe bei der Lösung allgemeiner
Lebensprobleme und bei Problemen in der Persönlichkeitsentwick-lung durch
- meist spezifisch nicht qualifizierte - Personen.
Aus dem gleichen Grund soll das Gesetz auch nicht die Lebensbewältigungshilfe
oder die Persönlichkeitsentwicklung erfassen, die von Kirchen als Teil
ihrer seelsorgerischen Tätigkeit gewährt wird. Der Gesetzentwurf knüpft
dazu für die Person des Erbringers der Dienstleistung an den Begriff des
Unternehmers in § 14 Abs. 1 des Bürgerlichen Gesetzbuchs an. Da beispielsweise
auch die Scientology Organisation sich als Kirche bezeichnet und dies auch für
andere Gruppierungen gilt, die ähnliche Dienstleistungen wie Scientology
verkaufen, ist eine Ausnahme für derartige Organisationen, die sich zur
Tarnung als Kirche bezeichnen, um den Schutz des Art. 4 GG zu erschleichen,
nicht tunlich. Hier lässt sich vielmehr die gewünschte Abgrenzung
über das Merkmal des "Unternehmers" in § 14 Abs. 1 Bürgerliches
Gesetzbuch erreichen, das eine gewerbliche oder selbständige berufliche
Tätigkeit des Anbieters von Lebensbewältigungshilfe oder Persönlichkeitsentwicklung
verlangt: Sofern das Angebot nicht durch materiell-wirtschaftliche Gründe
veranlasst ist, ist eine Übervorteilung der Verbraucher von vornherein
nicht zu befürchten. Die Kirchen werden die von ihnen als Teil des
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seelsorgerischen Auftrags angebotene Lebensbewältigungshilfe oder Persönlichkeitsentwicklung
meist unentgeltlich erbringen. Soweit dennoch im Einzelfall ein Entgelt verlangt
wird (evtl. einkommensabhängig) wird dieses lediglich der Kostendeckung
dienen. Es fehlt dann an einem unternehmerischen Handeln. Demgegenüber
ist beispielsweise für die Scientology Kirche durch das Hamburgische Oberverwaltungsgericht
(Urteil vom 06.07.1993 - Bf VI 12/91) entschieden worden, dass deren Verkauf
von Büchern, Kursen etc. als gewerblich einzustufen sei, da maßgeblich
allein die Absicht nachhaltiger Gewinnerzielung sei, unabhängig davon,
ob die zu erzielenden Gewinne ausschließlich ideellen Zwecken zugeführt
werden sollen.
Ebenfalls mangels einer unternehmerischen Tätigkeit ausgeschlossen sind
die öffentlich getragenen oder jedenfalls öffentlich finanzierten
Volkshochschulen sowie andere gemeinnützige Einrichtungen, sofern dort
Einnahmen lediglich zur Deckung eigener Unkosten erzielt werden. Demgegenüber
ist allerdings Gewinnerzielungsabsicht und damit Gewerblichkeit bereits dann
anzunehmen, wenn Einnahmen in Form von Über-schüssen über die
eigenen Aufwendungen angestrebt sind, auch wenn diese gemeinnützigen Zwecken
zufließen sollen.
Um den Anwendungsbereich andererseits nicht untunlich einzuschränken, wird
mit dem Begriff des Unternehmers neben der gewerblichen auch die selbständige
berufliche Tätigkeit, also der Bereich der freien Berufe, vom Anwendungsbereich
erfasst.
Vom Anwendungsbereich sind nach dem Wortlaut des § 1 Abs. 1 mitumfasst
Verträge, aufgrund derer die Lebensbewältigungshilfe oder Persönlichkeitsentwicklung
an eine dritte Person geleistet werden soll. Da aufgrund von Absatz 1 der Begriff
"Verbraucher" gleichbedeutend ist mit dem jeweiligen Vertragspartner,
geht die Definition in Absatz 2 auch nicht davon aus, dass die Lebensbewältigungshilfe
oder Persönlichkeitsentwicklung gegenüber dem Vertragspartner, sondern
eben nur gegenüber einer "anderen Person" stattfindet.
In Anlehnung an andere Verbraucherschutzgesetze soll der volle Schutz dieses
Gesetzes nur natürlichen Personen zukommen, welche bei Vertragsabschluss
außerhalb ihrer gewerblichen oder selbständigen beruflichen Tätigkeit
handeln. Dem liegt der an-erkannte Gedanke zu Grunde , dass bei gewerblichem
oder selbständigem beruflichem
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Handeln größere Erfahrung und Vorsicht vorhanden sind oder zumindest
erwartet werden dürfen. Deshalb besteht unter diesen Voraussetzungen ein
geringeres Schutzbe-dürfnis. Insbesondere das Widerrufsrecht als typisches
Instrument des Verbraucher-schutzes kommt deshalb nur dem in Absatz 1 umschriebenen
Personenkreis zu.
Über die in § 11 vorgesehene entsprechende Anwendung einzelner Vorschriften
(ins-besondere der §§ 2 und 5) kommen jedoch auch Unternehmer, in
den Genuss eines erheblichen Teils der Schutzwirkungen dieses Gesetzes.
Zu § 2
Absatz 1
Die Festlegung der Schriftform in Absatz 1 verfolgt den Zweck des Übereilungsschutzes.
Dies gilt insbesondere in Verbindung mit der Regelung in Absatz 2, der eine
schriftliche Fixierung derjenigen Angaben vorschreibt, die für den Verbraucher
das Angebot durchschaubar und kalkulierbar machen soll. Die Rechtsfolge beim
Fehlen auch nur einer der geforderten Angaben ist die Formnichtigkeit des Vertrages.
Nach § 126 a Abs. 1 Bürgerliches Gesetzbuch kann die Schriftform durch
die elektroni-sche Form ersetzt werden. Damit wird Art. 9 Abs. 1 der Richtlinie
2000/31/EG des Eu-ropäischen Parlaments und des Ratesvom 8. Juni 2000 über
bestimmte rechtliche As-pekte der Dienste der Informationsgesellschaft, insbesondere
des elektronischen Ge-schäftsverkehrs, im Binnenmarkt (ABl. EG Nr. L 178/1)
entsprochen. Diese Vorschrift verlangt, den Abschluss von Verträgen im
elektronischen Wege zu ermöglichen. Einer der in Art. 9 Abs. 2 der Richtlinie
vorgesehenen Ausnahmetatbestände liegt nicht vor.
Absatz 2
Die nach Absatz 2 zwingenden Angaben sollen für den Verbraucher eine Warnfunktion
erfüllen und ihm eine Beurteilung des Angebotes unter rationalen Gesichtspunkten
- Qualität und Preis des Angebots - ermöglichen. Gegenwärtig
werden den Verbrauchern dagegen Informationsmaterial und Warnhinweise über
die Lebensbewältigungs-
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hilfe und Persönlichkeitsentwicklung - wenn überhaupt - häufig
erst nach Vertragsschluss zur Verfügung gestellt (Gutachten, Kurzfassung,
S. 26). Damit wird ein überlegter Vertragsschluss gerade verhindert und
eine frühzeitige Bindung der Verbraucher bezweckt. Der Entwurf sieht daher
vor, dass die in Absatz 2 genanten Informationen dem Verbraucher schon beim
Vertragsschluss gegeben werden müssen.
Nummer 1
Die Bezeichnung des Unternehmers umfasst Namen und Rechtsform. Die Nennung einer
zustellungsfähigen Anschrift stellt sicher, dass eine Klage dem Unternehmer
auch wirksam zugestellt werden kann. Hierzu ist es auch erforderlich, dass bei
juristischen Personen und rechtsfähigen Personengesellschaften die Person
des gesetzlichen Vertreters angegeben wird.
Dem Verbraucher soll Klarheit über den angestrebten Erfolg der Lebensbewältigungshilfe
oder Persönlichkeitsentwicklung und die hierfür eingesetzten Mittel
verschafft wer-den. Die Kennzeichnung der Methode, die häufig den Namen
ihres "Erfinders" trägt, und die Beschreibung der theoretischen
Grundlagen dieser Methode sind geeignet, dem Verbraucher Aufschluss darüber
zu geben, wie er das konkrete Angebot einzu-ordnen hat - als wissenschaftlich
oder nichtwissenschaftlich, als seriös oder unseriös. Eine kurze Bezeichnung
der angewandten Methode und der theoretischen Grundlagen genügt sowohl
dem Interesse des Verbrauchers an Aufklärung als auch dem Interesse des
Unternehmers, keine unzumutbar lange Leistungsbeschreibung abgeben zu müssen.
Die Kennzeichnung der beruflichen Qualifikation der Personen, welche die Dienstleistung
als Erfüllungsgehilfen des Unternehmers tatsächlich erbringen, erfüllt
den gleichen Zweck: Es sollen keine falschen Vorstellungen über Ausbildung
und fachliche Eignung dieser Personen entstehen. Die Beschreibung der vom Anbieter
vertretenen ethischen Werte ermöglicht es dem Verbraucher, sich Klarheit
darüber zu verschaffen, ob das vom Anbieter vertretene Menschenbild dem
seinen entspricht. Es hat sich gezeigt, dass allein auf Grund des ersten Entwurfs
zum Gesetz über Verträge auf dem Gebiet der gewerblichen Lebensbewältigungshilfe
Verbände und Dachverbände seriöser Persönlichkeitsentwickler
die ethischen Standards ihrer Arbeit diskutiert und sich Gedanken über
die Entwicklung von Ethikkommissionen gemacht haben. (Zur Notwen-
- 9 -
digkeit der Entwicklung von Therapieethik vgl. Endbericht der Enquete-Kommission
5.1.8).
Nummer 4 bis 8
Diese Angaben dienen insbesondere dazu, den Umfang der angebotenen Leistung
transparent zu machen und dem Verbraucher so das Preis-Leistungsverhältnis
vor Augen zu führen. So soll der Verschleierung überhöhter oder
sogar wucherischer Preise vorgebeugt werden. Nummer 8 betrifft allerdings nicht
den Inhalt des konkreten Vertrages, sondern bezieht sich vielmehr auf den Preis
weiterer Leistungen, deren Inanspruchnahme dem Verbraucher häufig als sinnvoll
oder sogar notwendig empfohlen wird. Eine Aufklärung über den Preis
derartiger Folgeangebote ist im Interesse des Verbrauchers notwendig, um ihm
den finanziellen Umfang der Gesamtmaßnahme vor Augen zu führen und
um einer Aushebelung der Warnfunktion durch das Aufsplitten der Gesamtmaßnahme
in zahlreiche, finanziell verkraftbare Verträge zu begegnen.
Nummer 9
Die psychologische und pädagogische Forschung über die Wirkung der
eingesetzten Verfahren hat gezeigt, dass jede wirksame psychologische und pädagogische
Intervention zur Veränderung des Befindens und bestimmter Eigenschaften
der Persönlichkeit, selbst wenn sie von erfahrenen Fachleuten durchgeführt
wird, ähnlich wie bei Medika-menten unerwünschte Nebenwirkungen haben
kann. Der Zustand einer behandelten Person kann sich hierdurch auch verschlechtern.
Dies ist statistisch nachweisbar. Schwierig ist jedoch, eine Prognose für
den Einzelfall zu treffen. Handelt es sich um unkonventionelle Psycho- und Sozialtechniken,
ist das Risiko einer Verschlechterung noch schwerer abzuschätzen. Da es
bei härteren Persönlichkeitsentwicklungstrainings erfahrungsgemäß
immer wieder, allerdings nur in vereinzelten Fällen, zur Dekompen-sation
eines Kunden kommen kann, ist es erforderlich, den Dienstleister zu verpflichten,
die Möglichkeit von unerwünschten Nebenwirkungen seiner Trainings
offen zu legen und den potentiellen Kunden über dieses Gefährdungsrisiko
ungeschminkt aufzuklären (Endbericht der Enquete-Kommission 3.5.3, 3.5.4,
5.1.6, 5.1.8).
- 10 -
Absatz 3
Diese Vorschrift trägt dem Umstand Rechnung, dass die durch das Widerrufsrecht
nach § 3 eingeräumte Überlegungsfrist nur sinnvoll genutzt werden
kann, wenn der Verbraucher die nach Absatz 2 erforderlichen Angaben in Händen
hält. Dazu ist dem Verbraucher die Vertragsurkunde oder eine Abschrift
zu überlassen. In welcher Form dies geschieht, richtet sich danach, ob
der Vertrag schriftlich oder in elektronischer Form geschlossen wurde.
Der Verstoß gegen die Pflicht zur Aushändigung einer Abschrift der
Vertragsurkunde hat weiter zur Folge, dass die Ausschlussfrist für die
Ausübung des Widerrufsrecht nicht zu laufen beginnt, solange die Aushändigung
nicht nachgeholt wird (§ 355 Abs. 2 Satz 3 Bürgerliches Gesetzbuch).
Dies ist deshalb gerechtfertigt, weil der Verbraucher ohne Innehabung der Vertragsurkunde
gar nicht zur Überprüfung seines Entschlusses in der Lage ist. Im
übrigen dient die Aushändigungspflicht auch Beweiszwecken.
Satz 2 betrifft den Fall, dass die vertragsschließende Person und diejenige
Person, die die Lebensbewältigungshilfe oder Persönlichkeitsentwicklung
in Anspruch nimmt, verschieden sind. Die Regelung beruht auf der Erwägung,
dass in dieser Konstellation ein schützenswertes Interesse auch der dritten
Person an Information über die Art der Lebensbewältigungshilfe oder
der Persönlichkeitsentwicklung besteht. Mittelbar dient der Informationsanspruch
auch den Interessen der vertragsschließenden Person, da die dritte Person
ihr u. U. ergänzende Aufklärung vermittelt. Diejenigen Angaben, welche
für die wirtschaftliche Beurteilung des Angebots maßgeblich sind,
sind jedoch für die dritte Person nicht von Interesse; sie sind deshalb
von dem Informationsanspruch nach Satz 2 ausgeklammert.
Zu § 3
Absatz 1
Das Widerrufsrecht ist ein zentraler Baustein im Gefüge der Vorschriften
zum Schutz des Verbrauchers. Dieser soll an möglicherweise voreilig abgegebene
Abschlusserklärungen, die evtl. auf Grund von Überredung oder sogar
unter dem Eindruck einer Probeveranstaltung zustande kommen, nicht sofort gebunden
sein, sondern in die Lage
- 11 -
versetzt werden, seinen Entschluss unter Berücksichtigung aller für
eine rationale Entscheidung maßgeblichen Faktoren zu überdenken.
Das Gesetz verweist dazu auf das Widerrufsrecht nach § 355 des Bürgerlichen
Gesetzbuchs. Der Verbraucher hat zwei Wochen Zeit, den Abschluss des Vertrages
zu überdenken. Aus der Anwendung des § 355 Abs. 2 Satz 3 Bürgerliches
Gesetzbuch folgt, dass die Frist für die Ausübung des Widerrufs nicht
vor Aushändigung der Vertragsurkunde, des schriftlichen Antrags oder der
Abschrift der Vertragsurkunde oder des Antrags zu laufen beginnt. Damit wird
auch die Pflicht des Unternehmers nach § 2 Abs. 3 Satz 1 zur Aushändigung
einer Abschrift des Vertrages ausreichend sanktioniert.
§ 3 Abs. 1 Satz 3 regelt den Fall des finanzierten Dienstleistungsvertrages.
Die Vor-schrift entspricht § 4 Abs. 1 Satz 3 des Fernunterrichtsschutzgesetzes.
Nach § 358 Abs. 1 des Bürgerlichen Gesetzbuches führt der Widerruf
des Dienstleistungsvertrages auch zum Widerruf des finanzierenden Darlehensvertrages.
Der Verbraucher muss sich danach nicht deshalb an der Ausübung seines Widerrufsrechts
gehindert sehen, weil er im Falle des Widerrufs weiter an den Darlehensvertrag
gebunden bliebe. Unter-liegt der Darlehensvertrag seinerseits als Verbraucherdarlehen
einem Widerrufsrecht, geht das Widerrufsrecht nach § 3 Abs. 1 Satz 1 dieses
Gesetzes gemäß § 358 Abs. 2 Satz 2 Bürgerliches Gesetzbuch
vor.
Absatz 2
Die Rechtsfolgen des Widerrufs nach Absatz 1 richten sich nach den allgemeinen
Vor-schriften der §§ 355, 357 des Bürgerlichen Gesetzbuchs über
den Widerruf von Verbraucherverträgen. Absatz 2 bestimmt,dass im Gegensatz
zu den allgemeinen Re-gelungen des Bürgerlichen Gesetzbuchs bei einem Widerruf
eines Lebensbewälti-gungshilfevertrages oder Persönlichkeitsentwicklungsvertrages
der Wert der Überlas-sung des Gebrauchs oder der Benutzung der Sache oder
der Erteilung des Unterrichts bis zur Ausübung des Widerrufsrechts nicht
zu vergüten ist. Diese Regelung stimmt sachlich überein mit §
4 Abs. 3 des Fernunterrichtsschutzgesetzes. Diese Regelung ist notwendig, damit
sich der Verbraucher bei der Ausübung seines ihm gesetzlich zuste-henden
Widerrufsrechts nicht durch wirtschaftliche Überlegungen gehindert sieht,
die bereits im Empfang genommen Leistungen des Unternehmers vergüten zu
müssen.
- 12 -
Der Unternehmer kann sich dieser Rechtsfolge dadurch entziehen, dass er den
Verbraucher ordnungsgemäß über sein Widerrufsrecht belehrt und
erst nach Ablauf der Widerrufsfrist des § 355 Abs. 1 des Bürgerlichen
Gesetzbuchs seine Leistungen erbringt.
In Anlehnung an die Rechtsfolgen bei einem Widerruf nach Absatz 1 enthält
§ 3 Abs. 2 Satz 2 ergänzende Vorschriften über die Rückabwicklung
eines nichtigen Vertrages. Der Vertrag kann insbesondere nichtig sein, weil
die Schriftform insgesamt oder teilweise nicht eingehalten ist (§ 125 Bürgerliches
Gesetzbuch) oder weil der Vertrag ge-gen ein gesetzliches Verbot oder gegen
die guten Sitten (§§ 134, 138 Bürgerliches Ge-setzbuch) verstößt
(vgl. Gutachten, S. 451 ff.). In diesem Fall bestehen von vornherein keine Leistungspflichten
der Vertragsparteien. Erbrachte Leistungen sind nach den Vorschriften der ungerechtfertigten
Bereicherung rückabzuwickeln. Als Anspruchsgrundlagen kommen dabei §
812 Abs. 1 Satz 1 1. Fall BGB oder § 817 Satz 1 Bürgerliches Gesetzbuch
in Betracht.
Für Bereicherungsansprüche des Unternehmers gegen den Verbraucher
sieht § 3 Abs. 2 Satz 2 1. Halbsatz in erster Linie nur klarstellend vor,
dass für die an den Verbraucher erbrachten Leistungen, soweit sie nicht
noch in natura vorhanden sind, kein Wertersatz geschuldet wird (vgl. §
818 Abs. 2 Bürgerliches Gesetzbuch). Diese Rechtsfolge wird sich regelmäßig
ohnehin bereits aus § 818 Abs. 3 Bürgerliches Gesetzbuch ergeben,
wird jedoch zur Klarstellung wiederholt und generell angeordnet. Es wäre
ein Wertungswiderspruch, den Verbraucher im Falle eines nichtigen Vertrages
schärfer haften zu lassen, als nach einem Widerruf nach § 3 Abs. 1
dieses Gesetzes.
Ist der Vertrag nichtig, kann der Verbraucher die seinerseits erbrachte Leistung
nach §§ 812, 817 Satz 1 Bürgerliches Gesetzbuch vom Unternehmer
zurückverlangen. Dem Unternehmer dürfte schon nach den allgemeinen
Bestimmungen regelmäßig nicht der Einwand der Entreicherung (§
818 Abs.3 Bürgerliches Gesetzbuch) zustehen, da er regelmäßig
die Nichtigkeit oder sonstige Unwirksamkeiten des Vertrages kennen wird (§
819 Abs. 1 Bürgerliches Gesetzbuch). Daher sieht § 3 Abs. 2 Satz 2
2. Halbsatz vor, dass eine vom Verbraucher erbrachte Leistung diesem zurück
zu gewähren ist, ohne dass sich der Unternehmer auf den Wegfall seiner
Bereicherung berufen kann. Entge-gen dem allgemeinen Bereicherungsrecht kann
sich der Unternehmer danach weiter auch nicht auf § 814 Bürgerliches
Gesetzbuch berufen, wenn der Verbraucher seine
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Leistung in Kenntnis der Nichtigkeit des Vertrages erbracht hat. Diese Regelung
ent-spricht auch der Regelung des § 5 Abs. 2 Satz 2, wenn der Unternehmer
nach der Kündigung des Vertrages durch den Verbraucher ein schon erhaltenes
Entgelt anteilig zurückzahlen muss. Auch dort handelt es sich um einen
Bereicherungsanspruch des Verbrauchers. Es wäre aber schwer verständlich,
den Unternehmer bei der ordentli-chen Kündigung eines wirksamen Vertrages,
die er regelmäßig nicht zu vertreten hat, für die Rückzahlung
schon eingenommener Entgelte strenger haften zu lassen, als bei der Rückabwicklung
eines von Anfang an nichtigen Vertrages, bei der der Unternehmer den Nichtigkeitsgrund
in der Regel zu vertreten hat oder jedenfalls kennen muss.
Zu § 4
Die vorliegende Regelung soll die Vorleistungspflicht des Verbrauchers begrenzen,
um einer unausgewogenen Vertragsgestaltung zu begegnen. Jedoch ist ein berechtigtes
Interesse des Unternehmers an einer gewissen Vorleistung anzuerkennen, da dieser
seinerseits im Vertrauen auf eine Durchführung des Vertrages kostenauslösende
Maß-nahmen zu treffen hat (Vorhalten von Personal- und Sachmitteln). Die
Möglichkeit der Vereinbarung einer monatlichen Vorauszahlung erscheint
hier angemessen und ist zum Beispiel im Bereich der Weiterbildung branchenüblich.
Zu § 5
Absatz 1
Mit dieser Vorschrift sollen die Verbraucher ein unabdingbares Kündigungsrecht
erhalten. Es soll unabhängig davon gelten, ob der Vertrag auf unbestimmte
Zeit geschlossen ist oder ob die Vertragsdauer im Sinne von § 620 Abs.
2 Bürgerliches Gesetzbuch bestimmt oder wenigstens bestimmbar ist. Wegen
der Eigenart des Vertragsgegenstandes ist es geboten, dass die Verbraucher bei
Verträgen, die nicht nur kurzfristig laufen, in jedem Fall die Möglichkeit
haben, sich mit angemessener Frist vom Vertrag zu lösen.
Ein solches Kündigungsrecht ist nicht weniger wichtig als das Widerrufsrecht,
weil mutmaßlich ein nicht ganz geringer Teil der Betroffenen trotz der
in § 2 vorgeschriebe-
- 14 -
nen Informationen während der Widerrufsfrist noch nicht zu der für
sie zutreffenden Bewertung des Leistungsinhalts kommen wird, sondern erst während
der Durchführung des Vertrages. Deshalb ist ein Kündigungsrecht notwendig,
und es muss auch von Vertragsbeginn an zur Verfügung stehen, nicht etwa
erst nach Ablauf einer ersten Ver-tragsphase ohne Kündigungsmöglichkeit.
Würde ein besonderes Kündigungsrecht nicht vorgesehen, so bestände
bei Verträgen, die auf bestimmte Zeit abgeschlossen werden oder bei denen
die Dauer bestimmbar ist, nach § 620 Bürgerliches Gesetzbuch kein
Kündigungsrecht. Für Verträge auf unbe-stimmte Zeit gäbe
es dagegen ein Kündigungsrecht mit den Fristen des § 621 Bürgerliches
Gesetzbuch. Weder diese Unterscheidung noch die Möglichkeit, das Kündigungs-recht
abzubedingen oder einzuschränken, entspräche der Interessenlage.
Bei Verträgen nach diesem Gesetz besteht zudem die Gefahr, dass die Verbraucher
in eine psychische und/oder soziale Abhängigkeit vom Unternehmer geraten
(Gutachten, Kurzfassung, S. 24 f.). In diesem Fall erfordert die grundgesetzlich
garantierte Privatautonomie, dass sich der Verbraucher jederzeit auch kurzfristig
von einem solchen Vertrag lösen kann, wenn er sich aus dieser einseitigen
Abhängigkeit lösen will. Die ver-tragliche Bindung darf dabei wegen
der mit der Vertragsbeendigung verbundenen Kosten nicht zu einer Beschränkung
der Entfaltung einer freien Persönlichkeit führen. Das in § 5
enthaltene unabdingbare Kündigungsrecht gewährleistet das allgemeine
Persönlichkeitsrecht des Verbrauchers aus Art. 2 i.V.m. Art. 1 des Grundgesetzes
und bringt die Schutzverpflichtung der staatlichen Gewalt (Art. 1 Abs. 1 Satz
2 und Absatz 3 des Grundgesetzes) zum Ausdruck.
Bei der Ausgestaltung des Kündigungsrechts müssen die Interessen der
Unternehmer auf der einen Seite und der Verbraucher auf der anderen Seite gegeneinander
abgewogen werden. Die Unternehmer haben ein Interesse daran, sich durch längerfristige
Vertragsbindungen eine sichere Kalkulationsgrundlage zu schaffen. Das gilt insbeson-dere,
wenn angestelltes Personal vorgehalten und Veranstaltungsräume angemietet
werden müssen. Andererseits haben die Verbraucher, die gewerbliche Lebensbewälti-gungshilfe
oder Persönlichkeitsentwicklung in Anspruch nehmen, das Interesse, nicht
über einen längeren Zeitraum an solchen Verträgen festgehalten
zu werden, wenn sie die vereinbarten Veranstaltungen nicht mehr bejahen. Dabei
handelt es sich nicht nur
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um ein wirtschaftliches Interesse. Vielfach werden die Betroffenen weiterhin
das Be-dürfnis nach Lebensbewältigungshilfe oder Persönlichkeitsentwicklung
haben und nur mit den Leistungen des konkreten Angebots nicht mehr einverstanden
sein. Wenn nach dem Vertrag eine nicht unerhebliche Vergütung zu zahlen
ist, werden die Betrof-fenen aus finanziellen Gründen sich die als notwendig
angesehenen Leistungen der Lebensbewältigungshilfe oder Persönlichkeitsentwicklung
nur dann anderweitig verschaffen können, wenn sie sich aus dem zunächst
geschlossenen Vertrag bald lösen können. Das Kündigungsrecht
entscheidet also in nicht wenigen Fällen darüber, ob sie die für
notwendig gehaltenen Hilfeleistungen bekommen. Dieses Interesse der Betroffenen
ist hoch zu veranschlagen, weil Veranstaltungen der Lebensbewältigungshilfe
oder Persönlichkeitsentwicklung weit hineinreichen in den Bereich der Persönlichkeit.
Den Verbrauchern soll deshalb die Möglichkeit gegeben werden, das Vertragsverhält-nis
jederzeit zu kündigen. Eine Kündigungsfrist von einem Monat ist für
die Verbrau-cher noch überschaubar und erträglich. Eine solche Frist
ermöglicht es andererseits den Unternehmern hinreichend, sich auf das Vertragsende
einzustellen. Bei der Eigen-tümlichkeit ihres Leistungsangebots, das auf
die persönlichsten Belange der Betroffe-nen zielt, können sie billigerweise
nicht erwarten, dass diese für einen längeren Zeitraum an Verträge
über Lebensbewältigungshilfe oder Persönlichkeitsentwicklung
gebunden werden. Wenn die Kündigungsmöglichkeit zu einer stärkeren
Fluktuation auf der Seite der Verbraucher führt, so ist das eine Folge
von Besonderheiten des Ver-tragsgegenstandes, die in den Risikobereich der Anbietenden
fallen und die erforderli-chenfalls bei der Preisgestaltung und Kalkulation
zu berücksichtigen sind.
Die Frist von einem Monat korrespondiert mit der Regelung des § 355 Abs.
2 Satz 2 Bürgerliches Gesetzbuch für den Fall, dass die Belehrung
über das Widerrufsrecht nach Vertragsschluss mitgeteilt wird. Es wäre
unzweckmäßig, für die Kündigungsfrist eine andere Fristdauer
vorzusehen.
Für den Verbraucher bleibt die Möglichkeit bestehen, den Vertrag bereits
zu einem frü-heren Zeitpunkt nach § 621, § 626 oder § 627
des Bürgerlichen Gesetzbuchs zu kündigen.
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Absatz 2
Mit Absatz 2 soll sichergestellt werden, dass im Falle der Kündigung eine
Vergütung nur in dem Umfang zu zahlen ist, der den bis zur Beendigung des
Vertrages durch die Kündigung geschuldeten und erbrachten Leistungen entspricht.
Es soll verhindert wer-den, dass durch eine Vergütungsregelung, die die
Verbraucher benachteiligt, das Kün-digungsrecht in seinen Auswirkungen
entwertet wird.
Den Begriff "Leistung" verwendet der Entwurf im Sinne des § 241
Abs. 1 des Bürgerli-chen Gesetzbuchs. Gemeint ist also dasjenige, was der
Unternehmer nach dem Ver-trag gegenüber dem Verbraucher an Leistung zu
bewirken hat.
Anders als derselbe Begriff in § 628 Abs. 1 des Bürgerlichen Gesetzbuchs
von der Rechtsprechung verstanden wird (BGH, NJW 1991, 2763), sollen hier Aufwendungen
und Personaleinsatz des Unternehmers nicht erfasst werden, soweit sie die Leistung
noch nicht bewirken, sondern nur künftige Leistungen vorbereiten. Eine
solche Begren-zung der zu vergütenden Leistung ist für den Bereich
der Leistungen nach diesem Ge-setz sachgerecht, weil anderenfalls die Gefahr
bestände, dass vorbereitende Tätigkei-ten anteilig vergütet werden
müssten, die sich einer Erfassung und Bewertung weitge-hend entziehen und
die für den Verbraucher kaum überprüfbar wären. Wenn nur
das zu vergüten ist, was nach außen hin als Leistung bewirkt wird,
ergibt sich hingegen ei-ne angemessene Lastenverteilung. Was die Unternehmer
intern an Vorbereitungsauf-wand für ihre Veranstaltungen betreiben, müssen
sie aus der Vergütung für die einzel-ne Veranstaltung bestreiten.
Soweit die Vergütung im Vertrag nicht ohnehin nach Einzelveranstaltungen
bemessen ist, soll die Gesamtvergütung im Verhältnis der erbrachten
und noch nicht erbrachten Leistungen gleichmäßig aufgeteilt werden.
In vielen Fällen wird sich dabei ohne weite-res eine Aufteilung nach der
Zahl und Dauer der Veranstaltungen ergeben (pro rata temporis). Bei ungleichartigen
Leistungen können aber auch andere Vergleichsmaß-stäbe in Betracht
kommen. Wegen der Vielgestaltigkeit der möglichen Leistungen kann kein
starrer Maßstab im Gesetz festgeschrieben werden. Entscheidend ist, dass
nicht die in der ersten Phase der Vertragsdurchführung erbrachten Leistungen
ein übermä-ßiges Gewicht erhalten und damit das Kündigungsrecht
entwertet wird. Sollte im Ver-
- 17 -
tragstext eine andere Aufteilung der Gesamtvergütung vorgesehen sein, ist
nachträg-lich für die Zwecke der Rückabwicklung eine gleichmäßige
Aufteilung vorzunehmen.
Absatz 2 bezieht sich weiterhin auch auf etwa bis zur Kündigung geleistetes
Hilfsmaterial, das dem Anbieter - als erbrachte Leistung - voll zu vergüten
ist. Da es sich um eine erbrachte Leistung handelt und die Kündigung eine
Vertragsbeendigung nur für die Zukunft bewirkt, kommt eine Rücknahmepflicht
insoweit nicht in Betracht.
Für eine zuviel gezahlte Vergütung ist in Satz 2 ein Rückgewähranspruch
zu schaffen, damit die Rückforderung nicht den Einschränkungen eines
Anspruchs aus ungerecht-fertigter Bereicherung ausgesetzt ist.
Zu § 6
Zu Absatz 1 und 2
Die Absätze 1 bis 2 enthalten eine Regelung der Verschwiegenheit der Unternehmer
bei Verträgen nach diesem Gesetz. Sie entspricht bei Verträgen nach
§ 1 den typi-schen Erwartungen und Schutzbedürfnissen des Verbrauchers.
Die Regelung orientiert sich dabei an den strafrechtlichen Schweigepflichten
für Heilberufe, ohne sie ganz zu übernehmen. Der Entwurf sieht derzeit
davon ab, auch die Erbringer von Dienstleistun-gen nach diesem Gesetz mit in
den Kreis der in § 202 Abs. 1 Strafgesetzbuch genann-ten Personen einzubeziehen.
Geschützt werden sowohl der Verbraucher als auch die Personen, denen nach
§ 2 Abs. 3 Satz 2 die Lebensbewältigungshilfe oder Persönlichkeitsentwicklung
geleistet wird, die aber nicht selbst Partei des Vertrages sind. Der Unternehmer
darf die in § 6 Abs. 1 genannten Daten nur an Personen weitergeben, deren
er sich zur Erbringung der geschuldeten Dienstleistung bedient. Dabei handelt
es sich um die Personen, die unmittelbar die Dienstleistung der Lebensbewältigungshilfe
oder Persönlichkeitsent-wicklung erbringen. Erfasst werden aber auch Personen,
die innerhalb der Unterneh-mensorganisation mit der Abwicklung des Vertrages
befasst sind, etwa in der Buchhal-tung oder beim Schreiben der Rechnung. Dabei
muss der Unternehmer sicherstellen,
- 18 -
dass auch diese Personen zur Verschwiegenheit verpflichtet sind und die erlangten
Daten nicht weitergeben (Absatz 2).
Die nach § 6 Abs. 1 und 2 erfassten Daten sind weit zu verstehen. Erfasst
sind nicht nur Daten über die Person der Verbraucher, wie Name, Anschrift
und Geburtsdatum, sondern insbesondere auch alle Daten, die der Verbraucher
anlässlich seiner Behandlung offenbart (Krankheiten, Ängste, Leiden
etc.).
Soweit der Unternehmer aufgrund anderer gesetzlicher Bestimmungen zur Auskunft
oder zur Weitergabe der Daten verpflichtet ist, tritt seine Pflicht nach §
6 Abs. 1 zurück. Darin unterscheidet sich die Pflicht zur Verschwiegenheit
des Erbringers von Dleistungen nach diesem Gesetz von den Angehörigen des
ärztlichen Berufs, denen Rechtsordnung ein umfassendes Schweigerecht zubilligt
(vgl. § 53 Abs. 1 Nr. 3 der Strafprozessordnung; § 383 Abs. 1 Nr.
6 der Zivilprozessordung). Nur diesem Personenkreis steht aufgrund ihrer Ausbildung
und aufgrund ihrer besonderen berufsrechtlichen Pflichten ein umfassendes Schweigerecht
zu.
Zu Absatz 3
Mit Hilfe des in Absatz 3 geregelten Auskunftsanspruchs kann der Verbraucher
Informationen darüber erlangen, wem der Unternehmer seine Daten mitgeteilt
hat. Erst mit Hilfe des Auskunftsanspruch kann der Verbraucher überprüfen,
ob der Unternehmer seiner vertraglichen Pflicht zur Verschwiegenheit aus Absatz
1 und 2 nachgekommen ist. Da der Unternehmer die Daten berechtigterweise an
seine Mitarbeiter weitergeben darf, hat der Verbraucher ein schutzwürdiges
Interesse zu erfahren, wer diese Personen sind.
Die nach Absatz 3 geschuldete Auskunft muss der Unternehmer dem Verbraucher
in Textform zur Verfügung stellen. Eine lediglich mündliche Auskunft
des Unternehmers genügt dem Informationsinteresse des Verbrauchers nicht.
Zu Absatz 4
Der Unternehmer hat an der Speicherung der Daten des Verbrauchers nur solange
ein berechtigtes Interesse, wie die Leistungserbringung andauert oder ihm noch
Ansprü-
- 19 -
che aus dem Vertrag gegen den Verbraucher zustehen (z. B. Anspruch auf Zahlung
des Entgelts). Nach Beendigung des Leistungsaustauschs und der Abwicklung der
Leistungen muss der Unternehmer die von ihm gespeicherten Daten über den
Verbraucher auf dessen Verlangen löschen.
Aufbewahrungspflichten des Unternehmers aufgrund anderer gesetzlichen Vorschriften
bleiben durch die Regelung des § 6 unberührt.
Zu § 7
Bei unseriösen Angeboten von Dienstleistungen nach diesem Gesetz wird mitunter
versucht, mittellose Verbraucher für sich arbeiten zu lassen und diese
mit Hilfe der in § 7 angesprochenen Aufrechnung an den Unternehmer und
sein Angebot zu binden. Damit verbunden ist die Gefahr einer Ausbeutung dieser
Verbraucher, wenn die Entlohnung nicht in Geld, sondern in Form der Gewährung
von Dienstleistungen nach diesem Gesetz erfolgt. Dieser Umstand wird den Verbrauchern
auch künftig verborgen bleiben, wenn die Vergütung für ihre Tätigkeit
oder auch der für die Dienstleistung zu zahlende Preis entgegen §
2 Abs. 2 Nr. 6 nicht ausdrücklich festgelegt werden. Um eine bessere Transparenz
zu garantieren, die Warnfunktion für den Verbraucher besitzt, soll in §
7 ein Aufrechnungsverbot statuiert werden. Mit dem Begriff der für den
Unternehmer "tätigen" Person wird gezielt ein weiter Begriff
gewählt, um jede Art von Beschäftigung zu erfassen.
Zu § 8
Absatz 1
Der mit den §§ 2 bis 7, 9 und 10 verfolgte Schutzzweck erfordert es,
die Unabdingbarkeit dieser Vorschriften anzuordnen.
Eine Gerichtsstandsvereinbarung ist bei Verträgen nach diesem Gesetz nach
§ 10 Abs. 3 nur möglich, wenn der Verbraucher nach Vertragsschluss
in das Ausland zieht oder sein Wohnsitz oder gewöhnlicher Aufenthaltsort
im Zeitpunkt der Klageerhebung unbekannt ist. In diesem Fall besteht auch bei
einem Vertrag nach diesem Gesetz ein berechtigtes Interesse des Unternehmers,
einen inländischen Gerichtsstand vertraglich
- 20 -
zu vereinbaren. Das in § 8 angeordnete Verbot der Abweichung von §
10 bewirkt, dass auch eine zuständigkeitsbegründende rügelose
Einlassung des Verbrauchers nach § 39 Zivilprozessordnung ausgeschlossen
wird.
Absatz 2
Die Vorschrift enthält ein Umgehungsverbot, dessen Formulierung §§
306 a, 312 f, 506 Abs. 1 des Bürgerlichen Gesetzbuchs entspricht. Es ist
davon auszugehen, dass Dienstleistungen nach diesem Gesetz nicht immer auf Grund
eines gegenseitigen Ver-trages gewährt wird. Beispielsweise ist bekannt,
dass teilweise auch gewerbliche Dienstleistungen nach diesem Gesetz im Rahmen
eines Vereins gewährt werden, dessen Mitgliedschaft der Verbraucher erwerben
muss. Auch ist mit den Schutzvorschriften dieses Gesetzes für gewerbliche
Angebote von Lebensbewältigungshilfe und Persönlichkeitsentwicklung
ein nicht unerheblicher Aufwand verbunden, der unseriöse Anbieter zu Umgehungsversuchen
veranlassen könnte. Aus diesem Grund erscheint ein Umgehungsverbot notwendig.
Zu § 9
Absatz 1
§ 9 regelt das Konkurrenzverhältnis zu den Vorschriften über
den Widerruf bei Haustürgeschäften, bei Fernabsatzverträgen und
bei Fernunterrichtsverträgen. Entsprechend den Regelungen in § 312
a und § 312 d Abs. 5 des Bürgerlichen Gesetzbuchs geht das Widerrufsrecht
nach § 3 dieses Gesetzes als spezielle Regelung den allgemeinen Widerrufsrechten
vor.
§ 9 Abs. 1 Satz 2 erfasst den Fall, dass der Dienstleistungsvertrag ein
Fernabsatzge-schäft nach § 312 b Abs. 1 des Bürgerlichen Gesetzbuchs
darstellt. Entsprechend der Regelung des § 312 d Abs. 5 Satz 2 des Bürgerlichen
Gesetzbuchs beginnt in diesem Fall die Widerrufsfrist abweichend vom §
355 Abs. 2 Satz 1 des Bürgerlichen Gesetzbuchs nicht vor Erfüllung
der besonderen Informationspflichten gemäß § 312 c Abs. 2
- 21 -
des Bürgerlichen Gesetzbuchs und bei Dienstleistungen nicht vor dem Tag
des Vertragsschlusses zu laufen. Diese Regelung ist notwendig, um die Richtlinie
97/7/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 20. Mai 1997 über
den Verbraucherschutz bei Vertragsabschlüssen im Fernabsatz (ABl. EG Nr.
L 144 S. 19) ordnungsgemäß umzusetzen.
§ 9 Abs. 1 Satz 3 regelt den Fall, dass gleichzeitig ein Fernunterrichtsvertrag
vorliegt. Hier soll durch die entsprechende Anwendung des § 4 Abs. 1 Satz
2 Fernunterrichtsschutzgesetz die Parallele mit dem Widerruf nach diesem Gesetz
sichergestellt werden: Die Widerrufsfrist soll auch in diesem Fall nicht zu
laufen beginnen, bevor die erste Lieferung des Fernlehrmaterials zugegangen
ist.
Absatz 2:
§ 9 Abs. 2 regelt den Fall, dass der Unternehmer, der eine Dienstleistung
nach § 1 Abs. 2 erbringt, dem Verbraucher hinsichtlich des Entgelts eine
entgeltliche Finanzierungshilfe gewährt. Diese fällt unter die Vorschriften
der §§ 499 ff. des Bürgerlichen Gesetzbuchs. Zur Regelung des
Konkurrenzverhältnisses zu dem dann an sich auch gegebenen Widerrufsrecht
aus §§ 499, 495 Bürgerliches Gesetzbuch soll entsprechend Absatz
1 nur das Widerrufsrecht nach § 3 Abs. 1 dieses Gesetz gegeben sein. Entsprechend
§ 9 des Fernunterrichtschutzgesetzes soll aber im Fall des § 499 Abs.
2 des Bürgerlichen Gesetzbuchs (Teilzahlungsgeschäfte) die Widerrufsfrist
erst zu laufen beginnen, wenn die Voraussetzungen des § 502 Abs. 1 Satz
1 des Bürgerlichen Gsetzbuchs erfüllt sind, was nur in der Vertragsurkunde
gemäß § 2 Abs. 1 geschehen kann.
Handelt es sich um einen drittfinanziertes Geschäft, findet nach §
3 Abs. 1 dieses Gesetzes die Vorschrift des § 358 des Bürgerlichen
Gesetzbuchs entsprechende Anwendung. Auf den finanzierenden Darlehens- oder
sonstigen Kreditvertrag kommen die Vorschriften der §§ 491 ff. des
Bürgerlichen Gesetzbuchs unmittelbar zur Anwendung.
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Zu § 10
Absatz 1
Die Vorschrift des § 10 Abs. 1 enthält einen besonderen Gerichtsstand
für Streitigkei-ten aus Verträgen nach diesem Gesetz. Sie lehnt sich
an den Gerichtsstand des § 29 c Abs. 1 der Zivilprozessordnung für
Streitigkeiten aus Haustürgeschäften an. Danach besteht zu Gunsten
des Verbrauchers ein weiterer besonderer Gerichtsstand an des-sen Wohnsitz bzw.
an dessen gewöhnlichen Aufenthalt. Nach § 10 Abs. 1 Satz 2 handelt
es sich um einen ausschließlichen Gerichtsstand, soweit der Verbraucher
verklagt wird.
Absätze 2 und 3
Die Absätze 2 und 3 entsprechen der Regelung des § 29 c Absatz 2 und
3 der Zivilpro-zessordnung für die Widerklage und die Prorogation, wenn
der Verbraucher seinen Wohnsitz oder seinen gewöhnlichen Aufenthalt in
das Ausland verlegt oder sein Wohnsitz oder sein gewöhnlicher Aufenthalt
im Zeitpunkt der Klageerhebung unbekannt ist. Diese Regelung ist auch bei Verträgen
nach diesem Gesetz sachgerecht.
Zu § 11
Absatz 1
Im Bereich der gewerblichen Personalentwicklung, die eine Dienstleistung nach
diesem Gesetz darstellt (Endbericht der Equete-Kommission 3.5.1, Seite 97 ff.),
werden häufig Verträge auch von Unternehmern zum Zweck der Schulung
ihrer Mitarbeiter abgeschlossen. Solche Schulungen sind dann Verträge im
Sinne des § 1 Abs. 2, wenn sie nicht nur auf Wissensvermittlung, sondern
auf Verhaltensänderungen und Persönlichkeitsentwicklung, wie z.B.
Integrations- und Durchsetzungsfähigkeit, Kommunikationsfähigkeitetc.
abzielen. Lebensbewältigungshilfe und Persönlichkeitsentwicklung können
auch der Lösung von Problemen im beruflichen Bereich dienen. Dabei spielt
der
- 23 -
arbeitsrechtliche Status der Mitarbeiter im Unternehmen des Gläubigers,
denen die Lebensbewältigungshilfe oder Persönlichkeitsentwicklung
gewährt werden soll, keine Rolle. Dies bringt Absatz 1 dadurch zum Ausdruck,
dass es sich um einen Arbeitnehmer oder um einen sonstigen Mitarbeiter handeln
kann. Bei letzterem kann es sich insbesondere um eine in einem Dienstleistungsverhältnis
stehende Person, um einen freien Mitarbeiter oder um eine aufgrund eines Leiharbeitsverhältnisses
beschäftigte Person handeln.
Dabei ist die Durchführung von Schulungen für Unternehmer gelegentlich
der Einstieg zur Beeinflussung und Anbindung der trainierten Angestellten an
das Programm und/oder Netzwerke bzw. Organisationen der anbietenden Person und
letztlich zur Einflussnahme auf das Unternehmen selbst bis hin zur Unterwanderung
in Form eines ständigen sog. Consultings und Mitarbeitertrainings, das
bis zu einer feindlichen Betriebsübernahme führen kann. Die Unternehmer,
an welche derartige Angebote gerich-tet werden, können oft das, was sich
wirklich hinter diesen Angeboten verbirgt, nicht zutreffend erkennen, da unseriöse
Angebote unter undurchsichtigen Bezeichnungen abgegeben werden und nach der
derzeitigen Rechtslage eine Aufklärung über den genauen Inhalt der
angebotenen Leistung nicht geboten ist.
Deshalb ist ein gewisses Schutzbedürfnis auch für Unternehmer nicht
von der Hand zu weisen. Da jedoch Unternehmer, die den Vertrag über Dienstleistungen
nach diesem Gesetz abschließen, nicht unmittelbar vom Schutzbereich des
Gesetzes nach § 1 Abs. 1 erfasst werden, soll dem dadurch Rechnung getragen
werden, dass das Gesetz für Unternehmer hinsichtlich der Mehrzahl der Schutzvorschriften
für entsprechend anwendbar erklärt wird. Hinzuweisen ist hier insbesondere
auf die Inhaltsangaben und das Formerfordernis nach § 2 Abs. 1 und 2 sowie
auf das Kündigungsrecht nach § 5. Das Widerrufsrecht nach § 3
und die Gerichtsstandsregelung nach § 10 müssen je-doch als typische
Instrumente des Verbraucherschutz es im herkömmlichen Sinne dem durch §
1 Abs. 1 geschützten Personenkreis - natürliche Personen, die bei
Vertrag-sabschluß außerhalb ihrer gewerblichen oder selbständigen
beruflichen Tätigkeit han-deln - vorbehalten bleiben. Auf diese Weise soll
dem Schutzbedürfnis des jeweils betei-ligten Personenkreises hinreichend
Rechnung getragen werden, ohne dass die Inte-ressen der Anbieterseite in unzumutbarer
Weise eingeschränkt werden.
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Das unabdingbare Kündigungsrecht des § 5 ist auch bei dieser Vertragskonstellation
geboten. Neben dem Umstand, dass auch Unternehmer den Charakter von Dienstleis-tungsangeboten
nach diesem Gesetz oft nicht richtig werden einschätzen können, sind
dafür die persönlichen Interessen derjenigen maßgebend, die
an den angebotenen Veranstaltungen teilnehmen sollen, insbesondere der Mitarbeiter.
Würde insoweit kein besonderes Kündigungsrecht geschaffen, könnten
sich die Unternehmer entweder gar nicht oder nur mit langen Fristen aus dem
Vertrag lösen. Wenn sie deshalb die Vergütung bis zum Ende der Vertragszeit
zahlen müssten, würden sie möglicherweise die eingesetzten finanziellen
Mittel nicht ungenutzt lassen wollen und deshalb ihre Mitarbeiter auch dann
veranlassen, an den Veranstaltungen weiterhin teilzunehmen, wenn mittlerweile
Zweifel an der Eignung der Veranstaltung entstanden sind. Einem entsprechenden
Druck des Arbeitgebers könnten sich die Mitarbeiter meist nicht entziehen.
Absatz 2
Durch Absatz 2 wird für die in Absatz 1 festgelegten Fälle nur ein
besonderer Wahlgerichtsstand vorgesehen. Wegen des geringeren Schutzbedürfnisses
wäre insoweit die Festlegung eines ausschließlichen Gerichtsstandes
wie in § 10 Satz 2 nicht gerechtfertigt. Auch als Wahlgerichtsstand entfaltet
die Regelung jedoch eine gewisse Schutzwirkung, da sie für gegen den Unternehmer
gerichtete Klagen eine Erleichterung bietet, insbesondere dann, wenn ansonsten
- außerhalb des räumlichen Anwendungsbereichs der Verordnung (EG)
Nr. 44/2001 des Rates über die gerichtliche Zuständigkeit und die
Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen
- nur ein ausländischer Gerichtsstand gegeben wäre. Da es sich nur
um einen Wahlgerichtsstand handelt, bleiben die §§ 38, 39 der Zivilprozessordnung
anwendbar.
Zu § 12
Die Übergangsregelung entspricht dem Gedanken des Artikel 170 des Einführungsgesetzes
zum Bürgerlichen Gesetzbuch. Soweit die vorliegenden Vorschriften die Phase
des Vertragsabschlusses betreffen, kommt eine Rückwirkung ohnehin nicht
in Betracht.
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Auch im Übrigen muss den Unternehmern Gelegenheit gegeben werden, sich
bei der Vertragsgestaltung auf die neuen Regelungen einzurichten.
Zu Artikel 2
Der Dienstvertrag nach § 1 ist ein besonderer Verbrauchervertrag. Er fällt
daher ohnehin in den Anwendungsbereich des § 2 Abs. 1 Satz 1 des Unterlassungsklagengesetzes.
Die in Artikel 2 enthaltene Ergänzung dient daher lediglich der Klarstellung.
Sie erfolgt im Anschluss an das Fernunterrichtsschutzgesetz, das eine vergleichbare
Problematik regelt und dessen Bestimmungen teilweise als Vorbild für die
Ausgestaltung des Vertrages über Lebensbewältigungshilfe und Persönlichkeitsentwicklung
gedient haben. Die nach dem Unterlassungsklagengesetz klagebefugten Verbände
können auf diesem Weg Verstöße gegen die sachlich-rechtlichen
Vorschriften dieses Gesetzes verfolgen.
Nicht erfasst sind Verstöße des Unternehmers gegen Vorschriften dieses
Gesetzes im Anwendungsbereich des § 11, da sie sich nicht gegen einen Verbraucher
als Vertrags-partner richten. Dieser eingeschränkte persönliche Anwendungsbereich
ergibt sich schon aus § 2 Abs. 1 Unterlassungsklagengesetz, der den klagebefugten
Verbänden nur Ansprüche zum Schutz der Verbraucher gewährt. Da
jedoch in § 2 Abs. 2 Unter-lassungsklagengesetz Verbraucherschutzgesetze
definiert werden, ist dies zur Klarstellung aufzunehmen.
Zu Artikel 3
Die Vorschrift regelt das Inkrafttreten. Ein Zeitraum von drei Monaten bietet
den Unternehmern ausreichende Gelegenheit, sich auf die geänderte Rechtslage
einzustellen.